Chachapoyas - Geheimnisvolles Land im Nordosten Perus
Reise nach Nordperu
von Dr. Horst Kitzki
Gewiss, Machu Picchu und Cuzco auf dem Anden-Altiplano sind die begehrtesten Reiseziele Südamerikas, zumindest Perus. Das sei unbestritten. In ihnen dokumentiert sich der Abschluss der präkolumbischen Hochkulturen mit dem Großreich der Inkas. Zahlreiche frühere Hochkulturen, die sich über einen Zeitraum von mehreren Jahrtausenden an der Westküste Südamerikas entwickelten, finden beim heutigen Besucher ein ähnlich intensives historisches und archäologisches Interesse. Diese Kulturfülle macht das heutige Peru zum „Griechenland Amerikas“.
Seit etwa zwanzig Jahren erhielt ich regelmäßig etwa zwei- bis dreimal im Jahr von Prof. Zettl mehrseitige Briefe, handschriftlich abgefasst, auf dem Briefpapier der jeweiligen peruanischen Hotels, in denen er sich gerade aufhielt, mit der Anweisung, den Norden Perus, vor allem das Gebiet der Chachapoyas, aufzusuchen. Als Amerikanist, Paläontologe und Archäologe hielt er sich jedes Jahr mehrere Monate hier auf. Seine Mitteilungen an mich waren fürwahr sensationell. Hier im nordöstlichen Peru, jenseits des Maranon, lebten die „Wolkenmenschen“, blauäugig, blond und von imposanter Statur, die sich seinerzeit dem Ansturm der Inka-Herrscher widersetzen konnten, hier ihr imposantes Reich bis in die Zeit der Eroberung Südamerikas durch die Europäer und damit die Beseitigung der Inka-Herrschaft erhalten konnten.
Sensationell der Norden Perus
Doch nicht nur die Chachapoyas, überhaupt die gesamte Nordhälfte Perus zwischen Lima und der Nordgrenze zu Ecuador ist dicht besetzt mit einzigartigen archäologischen Stätten, die in einer geradezu unwirklichen Dichte und Fülle ein Mosaik höchstrangiger Sehenswürdigkeiten ergeben. Und was noch dazu kommt: eine überwältigende Landschaft, in allen nur denkbaren topographischen Superlativen. Alles zusammen also gewiss eine der kaum zu übertreffenden höchstrangigen Besucherregionen unserer Erde!
Eine Reise in den Norden Perus, das ist wie ein Slalom durch die verschiedenen Hochkulturen. Mit Sechin, dessen hohe Zeit weit über tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung liegt, dann der Wechsel zwischen Moche und Chimu, El Brujo und Sipan auf der einen Seite und Chanchan, die Mond- und Sonnenpyramide, dazu die Pyramiden von Tucume. In ihren Zeitabläufen geradezu ein Verwirrspiel. Das alles erleben wir als Beiprogramm, wenn wir unterwegs sind zu den Chachapoyas.
Unterwegs zu den Chachapoyas
Am Anfang, wenn wir Lima nach Norden hin verlassen, besuchen wir die Ruinen von Caral mit verblüffend intakten Pyramidenbauten, die am Beginn der Hochkulturen Südamerikas stehen, Ruinen aus der Zeit um 3.000 v.Chr. Erst in den letzten Jahren zum Teil freigelegt, liegt inmitten eines fahlen Wüstengeländes, die wohl älteste Stadt Amerikas. Dann die vierterrassige Adobe-Festung von Paramonga, die vielleicht von den Chimu errichtet wurde. Im breiten Mündungstal des Rio Fortaleza der schrittweise Aufstieg über alle vier klassischen Vegetations- und Höhen- stufen: Challa, Jungas, Quetchua und Puna. Von der Passhöhe (4.100 m) von Conocha zweigt ein Pfad in das Callejon de Huaylas ab, vor uns die Doppelspitze des Huascaran, der mit seinen 6.768 m die grandiose Weiße Kordillere krönt. Vom Hauptort Huaraz aus unternehmen wir Ausflüge in die großartige Berglandschaft, zur Laguna Querococha und nach Chavin de Huantar. Chavin war das spirituelle Zentrum zwischen Pazifik und Dschungel, zwischen dem Norden und dem Titicaca-See. Hier eine geradezu delphische Aura, die große Plaza, der Haupttempel. Die das Callejon nach Westen hin abschließende Cordillera Negra erklimmt unser Bus auf einer Serpentinenstraße. Auf der Panamericana erreichen wir Trujillo. Als ich in den siebziger Jahren hier war, blieb mir die Mondpyramide als gigantischer Staubfänger in Erinnerung, von ihrem „Innenleben“ war damals nichts zu sehen. Umso überwältigender ihre heutige Besichtigung: gigantische dekorierte Wände in einer vierfachen „Matruschka“. Auch hier, wie in Caral, ein neues Museum mit Exponaten vor allem aus der Moche-Periode. Chanchan und am nächsten Tag El Brujo ergänzen und erweitern unsere Begegnung mit der Moche-Kultur. Insbesondere die Senora de Cao, die vollständig erhaltene Mumie einer hohen Würdenträgerin, die erst 2006 aufgefunden und heute im neuen, in der Nähe ihrer Fundstätte errichteten Museum, gezeigt wird.
Von Cajamarca, wo das Lösegeld-Zimmer des letzten Inka Atahualpa besichtigt werden kann, fahren wir auf einem wohl unübertrefflichen Hochgebirgspfad bis auf 3.000 m hinauf, von hier aus ein großartiger Blick auf den Maranon. Fantastische Einblicke in den Maranon-Canyon, nach seiner Vereinigung mit dem Ucayali in Nauta wird der Fluss zum Amazonas, jedenfalls für die Peruaner (für die Brasilianer geschieht dies erst mit dem Zusammenfluss des Solimoes, in den der Maranon vorher geflossen war, und dem Rio Negro bei Manaus). Die Fahrt bis hierher ist landschaftlich kaum zu übertreffen, zu Recht halten Kenner diese und die darauffolgende Strecke bis nach Chachapoyas für die landschaftlich aufregendste und hinreißendste ganz Perus. Unser Fahrer Juan vollbringt ein Meisterstück nach dem andern, was sich auf dem östlichen Ufer des Maranon noch beträchtlich steigert.
Auf den Spuren der Chachapoyas
Nun also sind wir endlich im Gebiet der Chachapoyas, das wir nach der Überfahrt über den Calla-Pass (3.600 m) erreichen. In Leymebamba das neue Museum mit den erst kürzlich in der Lagune de los Condores aufgefundenen Mumien. Die Museums-Präsentation entspricht allen modernen didaktischen Erfordernissen, ein vorzüglicher Einstieg in die geheimnisvolle Kultur der Chachapoyas.
Der erste Ausflug in die gebirgige Dschungelwelt führt nach Revash, das wir nach einer Auffahrt auf einer 20 km langen Schotterpiste erreichen. Hier warten unsere Pferde, die uns zum 4,2 km entfernten Aussichtspunkt auf die Felsgräber hinauftragen, dabei einen Höhenunterschied von gut 300 m überwindend. Betörend der Duft von tausenden von Pflanzen, die Reitpiste regennass, zum Teil sinken die Pferde mit ihren Hufen weit in den weichen Schlamm oder gleiten über glitschige Steine. Bergauf geht es in einer Art Bückhaltung für die Reiter, bergab eine steile gerade Haltung nach hinten mit abgespreizten Beinen. Fürwahr ein Abenteuer, doch die Pferde wirken außerordentlich zuverlässig. Gut zwei Stunden benötigen wir bis zu unserem Ziel. Auf einer Steilwand über uns liegen die erst kürzlich freigelegten Gräber und Mausoleen. Der Höhepunkt folgt erst am nächsten Tag, als wir hinauffahren zum Hauptort der Chachapoyas, nach Kuelap. Hier benötigen wir keine Pferde, auf gut 3.000 m führt sogar ein gepflasterter Weg zum Ruinengelände. Durch einen schmalen Zugang erreichen wir die wie auf einem Tafelberg erbaute Stadt, die sich auf zwei weitläufigen Plattformen erstreckt. Gut zwei Stunden benötigen wir für unseren Rundgang. Als Festung, nach allen Seiten hin durch mächtige Mauern abgeriegelt, erinnert Kuelap ein wenig an das mykenische Tiryns.
Ein abschließender Höhepunkt dann am nächsten Tag, als wir von Cruz-Pata aus zu den Sarkophagen von Karajia aufbrechen. Je zweieinhalb Meter hohe Sarkophag-Figuren, hoch in eine Felswand hineingestellt, erinnern an die Moais auf der Osterinsel. Heute sind sie weltweit in Fotografien abgebildet, sozusagen das „Logo“ der Chachapoyas.
Doch die Besichtigungshöhepunkte verlieren kaum an Attraktion, nachdem wir das Chachapoyas-Gebiet Richtung Küste verlassen. In Tucume wieder ein herausragendes neues Museum und die Murales in der Huaca de Balsa. In Lambayece das Museum des Herrn von Sipan mit dem größten Goldschatz, der je irgendwo in Amerika gefunden wurde. Im neuen Museum eine besonders eindrucksvolle Präsentation, alles tief in Schwarz gehüllt, nur die Exponate durch Licht herausgehoben. Chiclayo ist heute eine Millionenstadt, der Endpunkt unseres Ausflugs in den Norden Perus. Mit dem Flugzeug geht es zurück nach Lima, unterwegs noch ein Blick aus der Vogelperspektive auf die grandiosen Hoch-Kordilleren.
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