Die Trobriand-Inseln: Fantastische Inselwelt in Papua-Neuguinea
Erste Begegnungen
Von Horst Kitzki
Die Yams-Felder waren nach allen vier Seiten hin durch einen hohen Zaun abgeschlossen. Dieser sollte dafür sorgen, dass die wild streunenden Schweine, über die jedes Dorf in großer Zahl verfügte, abgehalten werden. Auf den Yamsfeldern waren die fast zwei Meter langen Yamsstauden zu tipiartigen Schutzbehältern zusammengestellt, unter denen sich die reiche Yams-Ernte dieses Jahres stapelte. Von den Yamsfeldern begaben wir uns wieder hinab zur Straße, die wir über einen steilen Abhang erreichten. Unten auf die Straße stürzte sich eine laut schreiende, wild gestikulierende Mädchengruppe hinab, in ihren Armen in einem korbartigen Behälter jeweils eine Yamswurzel, die am Dorfrand abgelegt wurde. Das also das für uns arrangierte Milamala-Fest. Anstößige Tanzbewegungen, doch waren dies nicht die erwarteten „älteren liebeshungrigen Frauen“, wie sie immer wieder von Ethnologen und folgenden Besuchern beschrieben wurden, sondern gut aussehende Mädchen in kurzen Baströcken, mit von Kokosöl glänzenden nackten Oberkörpern, eigentlich in recht züchtiger Tanzformation. Mindestens fünfmal stiegen die Mädchen wieder hinauf zu den Yamsfeldern, um mit einem gefüllten Korb, aus welchem die priapische Yamswurzel hinauslugte, wieder zum Dorf hinabzulaufen.
Die Einheimischen der Trobriand-Inseln
Bronislav Malinowki, der als polnisch-österreichischer Anthropologe während des Ersten Weltkriegs vier Jahre lang hier interniert war, hat in drei voluminösen Bänden seine Forschungsergebnisse zu Papier gebracht, wobei das „Geschlechtsleben der Wilden in Nordwest-Melanesien“ neben den „Argonauten“ und der „Magie der Korallengärten“ einen besonderen Schwerpunkt fand. Während der jährlichen Yams-Festlichkeiten, die mit der Ernte im Juli und August stattfinden, dürfen wohl auch verheiratete oder verlobte Frauen „Seitensprünge“ mit anderen Partnern in Anspruch nehmen. Für uns setzten sich die Feierlichkeiten der Milamala, der Yamsernte, mit einem eindrucksvollen Singsing der jungen Männer fort, auf dem Kricketfeld in Yalumewa arrangiert. Die Männer spärlichst bekleidet, mit ölglänzenden nackten Oberkörpern und mit einer sehr knappen Verhüllung aus getrockneten Palmblättern. Auch hier ein gewaltiges Gejohle, Gepfeife, auch Gesang, wenn auch nicht gerade melodisch, ruckartige schnelle Bewegungen, entfernt an die Ketjak-Choreographie in Bali und an Maori-Aufführungen in Neuseeland erinnernd. Der Kricket-Wettkampf folgte wohl keinen Regeln.
Vorgestern waren wir von Port Moresby, der Hauptstadt von Papua Neuguinea, über Alotau hier in Kiriwina gelandet, als erste Reisegruppe überhaupt nach zwei Jahren, wenn man von den seltenen, etwa dreimal im Jahr erfolgenden Tagesbesuchen durch Kreuzfahrtschiffe absieht. Dem Gouverneur der Trobriands war vorgeworfen worden, Unterstützungsgelder aus der Hauptstadt Port Moresby in die eigenen Taschen versickern zu lassen. Jedenfalls ist wohl seit dem Bau der Straßen durch die Amerikaner unmittelbar nach Ende des letzten Weltkriegs nie auch nur eine Kina in die Infrastruktur der Insel investiert worden. Der Gouverneur hatte damit gedroht, mit einer papuanischen Polizei- und Militär-eskorte wieder für Ordnung zu sorgen, worauf die Trobriander das Flughafengebäude platt machten und die ohnehin ramponierte Runway noch weiter zerstörten. Die badewannengroßen Schlaglöcher der unbefestigten Straßen, es hatte wohl in der Nacht geregnet, so dass diese randvoll mit Wasser gefüllt waren, waren eine ständige Gefahr für unseren Minibus. Auch war dem Eigentümer des Grundstücks, auf welchem Flughafen und Runway lagen, seit fünfzig Jahren von der Regierung keine Entschädigung bezahlt worden. Also ein totales Tohuwabohu, das wohl während der letzten Wochen irgendwie gelöst wurde. Denn wir waren die erste Besuchergruppe, die mit dem dritten Flug nach dem Embargo wieder in Kiriwina landen durfte.
Während unserer Dorfbesuche durften wir die zum Teil farbenprächtig bemalten Yams-Lagerhäuser bewundern. Wir konnten den Schnitzern beim Entstehen ihrer Kunstwerke aus schwarzem Ebenholz und anderen helleren Hölzern zusehen. Im Dorf Omarakana trafen wir den Paramount Chief der Trobriands. Auf einer Rampe im Erdgeschoss seines imposanten Hauses durften wir Platz nehmen. Wir erfuhren etwas über die Funktionen und Aufgaben dieses Oberhäuptlings. Er hat vier Frauen, wie viele Kinder, weiß er nicht zu sagen. Politische Macht hat er keine, seine herausragende Position leitet sich von der Magie und Zauberkraft her, die überall auf den Trobriand-Inseln eine dominierende Rolle spielt. Matrilinealität? Davon haben wir eigentlich überhaupt nichts bemerkt. Ebenso wie vom Kula-Ring, den Malinowski so detailliert in seinen „Korallengärten“ beschreibt, wobei es keineswegs um Handel oder Güteraustausch geht, sondern lediglich um ein gegenseitiges sich Beschenken, mit Armreifen, die gegen Halsketten aus Muscheln getauscht werden.
Die Sonne scheint auf das schöne Dorf des Häuptlings, in welchem wir einen ausgedehnten Rundgang unternehmen. Leider werden seine imposanten Yams-Lagerhäuser gerade einer grundlegenden Erneuerung unterzogen, so dass wir unser Interesse mehr dem Dorfleben widmeten, mit den verschiedenen Bewohnern, die fast alle ein hervorragendes Englisch sprachen, uns unterhalten konnten.
Der Hauptort der Trobriands
Eine knappe Fahrstunde weiter gelangen wir an das Nordende von Kiriwina, zum Strand von Kapwani. Eine traumhafte Südsee-Idylle, ein weißsandiger Strandabschnitt, das Wasser glasklar über einem schwarzen Korallenuntergrund, Kokospalmen, Auslegerboote und palmdachgedeckte Fischerhütten, ein perfekt-ideales paradiesisches Traumszenario.
Ernüchternder unser Besuch in Losuia, dem Hauptort der Trobriands, im westlichen „Knie“ der Insel. Auch hier keine bettelnden Kinder, keiner, der die Hand aufhält oder einem partout etwas verkaufen möchte. Am Samstag, als wir hier zu Besuch waren, fand der große Markttag statt. Auf diesem ist noch sehr oft Barter-Tausch üblich, wo drei oder vier Kokosnüsse gegen Taro- oder Yamsknollen oder gegen einen mittelgroßen Fisch getauscht wurden.
In unserem Hotel ließ Michael Tobwenina, der Lodge-Manager, verschiedene Frauen- und Männergruppen auftreten, die aus den umliegenden Dörfern kamen und uns ihre verschiedenen Tänze und Gesangsvorführungen boten: z.B. auch den Mweki-Mweki, den Tapioka-Tanz, mit ausladenden, provozierenden Beckenbewegungen. Man spürte deutlich, dass diese Tanz- und Gesangsgruppen nach der zweijährigen touristenarmen Zwangspause einiges nachzuholen hatten. Zwar gibt es in anderen Teilen Papuas als Zahlungsmittel das Muschelgeld, doch nur auf den Trobriands wird heute noch das Doba, das Geld aus Bananenblättern, deren Herstellung wir erlebten, als Zahlungsmittel benutzt.
Die Dash 8 der PNG AIR bringt uns über die goldleuchtende Solomon-See zurück nach Alotau, wo wir erneut Malete, die touristische Vertreterin für Süd-Papua, begrüßen können. Diesmal muss sie uns keine Blumenkränze um den Hals legen, denn wir haben es geschafft, tatsächlich nach Trobriand zu kommen, was bei unserem Hinflug keineswegs so sicher war.
Am Ende unserer Tour eine große Vorfreude auf die vier Bände von Bronislav Malinowki, alles in allem mehr als 1.800 Buchseiten, wenn wir sein Trobriand-Tagebuch mitrechnen, was uns zu Hause erwartet. Denn natürlich sieht man tiefer und besser, wenn man schon etwas über das Zielgebiet weiß, und dass wir nochmals zu den Trobriand-Inseln wollen, das ist
unser innigster Wunsch.
Ein Tourtermin der Papua-Touren von IKARUS TOURS bezieht wieder den Besuch der Trobriand-Inseln mit ein. Ein solcher Besuch ist aufs Höchste zu empfehlen, selbst wenn ein neuer Gouverneur die Straßen auf Kiriwina nicht ausbessern sollte und unverändert an einer „leakage-Politik“ festhalten sollte.
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