Isan: Thailands unbekannte Schönheit
Unterwegs auf den Spuren der Khmer
von Dr. Horst Kitzki
Nun ist es nicht meine erste Reise nach Thailand, doch zum ersten Mal habe ich es geschafft, die Isan-Region im nordöstlichen Teil von Thailand zu bereisen. Seit ich von dieser ursprünglichen Region mit den Tempeln aus Khmerzeiten gehört hatte, hatte ich den großen Wunsch, diese zu besichtigen. Denn ich hatte bereits schon die Tempel um Angkor in Kambodscha bestaunen können und mich für diese Kultur begeistert. Damals, auf meiner ersten Reise durch Asien, fühlte ich mich von den vielen neuen Eindrücken einfach überwältigt. Seitdem habe ich viele Länder Südostasiens bereist und bin wahrlich begeistert von der Kultur, der landschaftlichen Vielfalt, den liebensvollen und hilfsbereiten Menschen und natürlich vom leckeren Essen.
Im Februar 2017 zog es mich, auf meiner dritten Reise durch Thailand, dann endlich auch zu den archäologischen Schätzen aus der Khmerzeit.
Im Isan, so stellt man fest, ist der Tourismus noch nicht (so) weit verbreitet, wie in anderen Teilen Thailands. Das macht sich auch an der Verständigung mit den Einheimischen bemerkbar, kaum jemand versteht – geschweige denn spricht – Englisch. Ein großes Problem ist das meist nicht, irgendjemand ist dann doch immer in der Nähe, der mal schnell zum Übersetzen gerufen wird. So steht man nie alleine da. Doch gerade das hatte auch einen gewissen Reiz für mich, einmal abseits der typischen Touristenroute zu reisen. Unterwegs in Buriram, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, wo ich mich für ein paar Tage in einem Hotel einquartierte, fällt man durchaus auf, wenn man als einzige Touristin auf der Straße läuft. Nur selten bin ich dort anderen Touristen begegnet.
Das „Tor zum Isan“
Die Provinz Nakhon Ratchasima, mit der gleichnamigen Hauptstadt, welche aber oftmals auch Korat genannt wird, dient als Ausgangspunkt für Touren in die Isan-Region. Etwa drei Fahrstunden von Buriram entfernt, liegt die Großstadt, welche mit etwa 150 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Region ist. Die Stadt selbst bietet zwar auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit, dennoch zog es mich weiter zu einem anderen Ziel.
Der kleine Bruder von Angkor Wat
Eine weitere halbe bis ganze Fahrstunde von Korat entfernt, liegt das kleine, beschauliche Städtchen Phimai. Die Stadt wird malerisch von drei Seiten von Wasser umschlossen, auf einer Seite vom wunderschönen Fluss Mae Nam Mun, in welchen der Kanal Khlong Chakrai mündet. Bekannt ist Phimai vor allem wegen seines Geschichts-Parks mit der Tempelanlage Prasat Hin Phimai aus der Khmerzeit des 11. Jahrhunderts. Sie gehört zum Tempelbezirk des früheren Reiches Angkor. Die Tempelanlage ist eine der ältesten Khmer-Kulturstätten in Thailand, man sagt auch, dass die Anlage als Vorbild für die berühmte Tempelanlage Angkor Wat bei Siem Reap in Kambodscha gedient haben soll. Und so ähnelt Prasat Hin Phimai wahrlich seinem großen Bruder im Nachbarland. Wie Angkor ist die Anlage konzentrisch angelegt, mit einem Mittelpunkt. Untypischerweise für den Khmer-Baustil ist sie aber nicht östlich, sondern südlich ausgerichtet und wendet sich so Angkor Wat zu.
An der Anlage angekommen, es war gegen 16 Uhr, stellte ich verwundert fest, dass ich fast alleine war. Die anderen Touristen konnte man an einer Hand abzählen. So etwas würde einem in den Tempelanlagen von Angkor in Kambodscha wohl kaum passieren, höchstens vielleicht bei den entlegensten und weniger bekannten Tempeln. Dennoch muss man einfach festhalten, ist und bleiben die Anlagen dort ein unübertreffliches architektonisches Meisterwerk der Khmerzeit. Über die Naga-Brücke gelangt man in die Vorhallen des Tempels. Ehrfürchtig bestaunte ich das Hauptheiligtum – Prang Brahmadat, mit zahlreichen Reliefs und Steinverzierungen. Im Innern des Tempels, am Ende der Säulenhalle, steht im Mittelpunkt des Prasat eine Statue von Jayavarman VII. (König des Khmer-Reiches von etwa 1080 bis 1107).
Als die Sonne dann langsam unterging und die Sonnenstrahlen durch die Tempelöffnungen strahlten, lag schon eine fast magische Stimmung in der Luft. Die Sonne färbte die Sandsteine des Tempels in ein bezauberndes Licht, doch leider wurde es langsam Zeit für mich, mich auf den Rückweg zu machen.
Das Wunder auf dem erloschenen Vulkan
In der Nähe von Buriram, eine knappe Fahrstunde durch die ländlichen Dörfer, in denen man das authentische Leben Thailands erlebt, und auf den letzten Kilometern kurvig bergauf, liegt die Tempelanlage Prasat Hin Phanom Rung spektakulär auf einem erloschenen Vulkan. Die Anlage selbst befindet sich auf einer Höhe von etwa 381 Metern. Die Tempelanlage ist der Wohnstätte Shivas gewidmet und stammt aus dem 10. und 13. Jahrhundert, vom damals dort herrschenden König Narendraditya errichtet.
Als ich um die Mittagszeit auf dem großen Parkplatz des Geschichts-Parks ankomme, bin ich dann doch sehr überrascht – anders als am Tag zuvor in Phimai sammeln sich hier die Reisebusse. So tummeln sich auf dem ganzen Gelände thailändische Schulklassen und andere einheimische Reisegruppen. Dennoch westliche Besucher oder Touristen anderer Nationalitäten sind wieder kaum vertreten. Schnell kommt man hier mit den Schülern in Kontakt, wird beäugt oder gefragt, ob man ein Foto zusammen machen darf.
Die Architektur wurde hier der Landschaft angepasst. So führt eine lange, teils steile Treppe aus Laterit zum eigentlichen Tempelbezirk hinauf. Auf dem Weg nach oben kommt man an einer Art Pavillon vorbei. Er soll den Königen damals zum „Frisch machen“ gedient haben. Der 160 m lange Weg ist mit Lotusblüten-Säulen verziert. Die nächste Naga-Brücke stellt eine Verbindung von Himmel und Erde dar, vier Schlangenköpfe im Angkor Wat-Stil zeigen in verschiedene Richtungen. Über eine weitere Treppe gelangt man schließlich auf eine Terrasse, mit kleinen Wasserbecken in denen wunderschöne Seerosen schwimmen.
Über eine zweite Naga-Brücke geht es nun durch eine Art Tor und einen Korridor, welcher rund um den Hauptkomplex führt, in den inneren Teil der Anlage. An den Prasat, dem Tempelturm des Hauptkomplexes, grenzt in jede Himmelsrichtung eine Vorhalle an. Auch hier erzählen zahlreiche Steinverzierungen hinduistische Geschichten und berichten über das Leben von König Narendraditya. Bei guter Sicht kann man vom Westen der Anlage ein Fernblick bis nach Kambodscha genießen.
Ein Tempel der Ruhe
Etwa 20 Minuten von Phanom Rung entfernt, neben einem riesigen Wasserreservoir, liegt die Tempelanlage Prasat Muang Tam. Sie wurde ebenfalls für den hinduistischen Gott Shiva errichtet. Vom Eingang der Anlage, eingerahmt in eine große Grünfläche, präsentiert sich in deren Mitte der quadratische Tempelkomplex. Von einer Mauer umgeben, geht es durch den östlichen Tordurchgang in das Innere. Im Tempelinnern befinden sich vier Wasserbecken, jeweils symmetrisch in den Ecken der Anlage angeordnet – fünfköpfige Schlangen verzieren diese. Die Tempelanlage und die umliegende Natur haben, wie ich finde, etwas sehr harmonisches und beruhigendes an sich. Fast menschenleer ist es hier. Ein Ort zum Nachdenken.
Im Zentrum der Anlage stehen vier Türme. Ursprünglich waren es fünf, der Größte von ihnen ist eingefallen. Sie symbolisieren den Berg Meru, den Mittelpunkt des Universums. Eindrucksvoll sind hier vor allem die vielen geschmückten Türstürze mit den vielfach fratzenartigen Gesichtern, den hinduistischen „Kalas“ und Szenen Shivas.
Fazit
Im Isan und auch in anderen Regionen Thailands gibt es noch zahlreiche Zeugnisse und Tempel aus der Khmerzeit zu sehen. So verband die damalige Handelsroute der Könige Angkor, im heutigen Kambodscha, mit etwa 17 Tempelanlagen bis Phimai miteinander. Die drei von mir besuchten Tempel zählen wohl zu den bekanntesten und vielleicht auch eindrucksvollsten von ihnen. So ist der Isan auf jeden Fall eine Reise wert und bietet neben den Khmertempeln noch einiges anderes Sehenswertes mehr.
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